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Video der ukrainischen Streitkräfte: «Die Stunde ist gekommen, um zurückzuholen, was uns gehört»

Oberkommandierender der ukrainischen Streitkräfte«Die Stunde ist gekommen, um zurückzuholen, was uns gehört»

Seit Wochen wird darüber spekuliert, wann die ukrainische Frühjahrsoffensive startet und wie sie aussehen könnte. Ein viel beachtetes Video gibt Hinweise.

Bereitet die Ukraine und die Welt auf die viel beschworene Offensive vor: Waleri Saluschni, oberkommandierender General der Ukraine. 

Bereitet die Ukraine und die Welt auf die viel beschworene Offensive vor: Waleri Saluschni, oberkommandierender General der Ukraine. 

Foto: EPA

Es ist ein Video von einer Minute und vier Sekunden, mit dem Waleri Saluschni, oberkommandierender General der Ukraine, seinen Landsleuten – und der Welt – zu Bildern entschlossen dreinblickender Soldaten und vorrückender Panzer eine Botschaft verkündet: «Die Stunde ist gekommen, um zurückzuholen, was uns gehört.»

Das aufwendig produzierte Propagandavideo mit dem Titel «Gebet für die Befreiung der Ukraine» wurde am Wochenende nicht nur in sozialen Medienkanälen des Oberkommandierenden veröffentlicht, es war Hauptthema der ukrainischen Fernsehnachrichten. Soldatensprechchöre wie «Heil unserer entscheidenden Offensive» sind nicht der einzige Hinweis darauf, dass die lang erwartete Frühjahrsoffensive der ukrainischen Armee nun tatsächlich bevorstehen könnte.

Oleksi Danilow, Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates der Ukraine, sagte der BBC, die Offensive könne «morgen, übermorgen oder in einer Woche beginnen». Sie sei eine historische Chance, die sich die Ukrainer nicht entgehen lassen könnten. Gemäss der BBC wurde das Interview von einem Anruf von Präsident Selenski unterbrochen, der Danilow zu einem Treffen befahl, um Details der Offensive zu besprechen. Der ukrainische Militärgeheimdienstchef Kirilo Budanow hatte in den vergangenen Wochen verkündet, die Ukraine habe nun alles Nötige für eine Offensive zur Verfügung.

Spekuliert wird, dass die Ukrainer etwa die noch von Russland besetzten Teile der Regionen Cherson und Saporischschja zurückerobern wollen.

Vorbereitungen sind seit Wochen im Gange: Die Ukrainer haben auf der besetzten Krim, in den besetzten Gebieten im Osten der Ukraine und teilweise auch in Russland selbst systematisch russische Kommandopunkte, Kasernen, Vorratslager oder Eisenbahnknotenpunkte angegriffen und teilweise zerstört. Das ist auch mithilfe der erst vor kurzem von England gelieferten Storm-Shadow-Marschflugkörper gelungen, die eine Reichweite von 250 Kilometern haben und die Möglichkeiten des von Saluschni befohlenen Militärs erweitert haben.

Ansonsten ist bekannt, dass die Ukraine in den letzten Monaten für die Offensive neun Brigaden – jede bis zu 4500 Soldaten zählend – mit westlicher Militärtechnik neu ausgerüstet und trainiert hat. Diese Einheiten wurden bewusst nicht etwa im Abwehrkampf bei Bachmut und anderen Orten eingesetzt, was Saluschni Mitte Dezember 2022 ausdrücklich bedauerte. «Mögen die Soldaten in den Schützengräben mir vergeben», sagte der Oberkommandierende damals dem englischen «Economist».

Wann genau und wo nun die neuen Brigaden zum Einsatz kommen, wissen ebenfalls nur Saluschni und einige wenige andere, darunter natürlich der nominelle Oberbefehlshaber, Präsident Selenski. Spekuliert wird, dass die Ukrainer etwa die noch von Russland besetzten Teile der Regionen Cherson und Saporischschja zurückerobern wollen. Diese Gebiete ermöglichen die Kontrolle über Teile der Schwarzmeerküste und des Asowschen Meeres und kontrollieren den Zugang zur Krim – aus Moskauer Sicht quasi das Kronjuwel der besetzten Gebiete.

Freilich haben die Russen entlang der Front an vielen Stellen mehrere Verteidigungslinien aus Schützengräben, Artilleriestellungen, Panzersperren und Minenfeldern errichtet – jede Offensive dürfte für die Ukrainer hohe Verluste zur Folge haben. US-Militärplaner gingen zumindest noch im Februar davon aus, dass Kiew bei einer Offensive nur wenig der 17 Prozent seines von Moskau besetzten Territoriums befreien könne.

Bombenhagel auf Kiew auch tagsüber: Ein bei einem Drohnenangriff beschädigtes Haus in der ukrainischen Hauptstadt.

Bombenhagel auf Kiew auch tagsüber: Ein bei einem Drohnenangriff beschädigtes Haus in der ukrainischen Hauptstadt.

Foto: Sergey Dolshenko (EPA)

Russland fährt unterdessen mit seinem Drohnen- und Marschflugkörperkrieg gegen ukrainische Ziele fort. Kiew wurde am Montagmorgen sogar bei Tageslicht massiv beschossen, nachdem bereits in den zwei Nächten davor jeweils Dutzende russische Geschosse abgefeuert worden waren. Kiews Bürgermeister Witali Klitschko sprach auf Telegram von Explosionen in zentralen Stadtteilen. Er veröffentlichte auch ein Foto von brennenden Raketenteilen, die im Bezirk Obolon mitten auf eine Strasse fielen. Die Behörden riefen die Menschen auf, Schutz zu suchen. Dies war bereits der sechzehnte Angriff auf Kiew allein im Mai.

Ein Dutzend russische Drohnen zielten auch auf andere Städte. Explosionen wurden etwa aus der Stadt Schitomir westlich von Kiew gemeldet. Cherson wurde dreimal angegriffen, das militärische Oberkommando «Süd» der Ukraine meldete sieben mit Marschflugkörpern ausgerüstete russische Kriegsschiffe im Schwarzen und im Asowschen Meer und stufte die Gefahr weiterer Angriffe als hoch ein. In der Stadt Dnipro meldete Militärgouverneur Serhi Lyssak, nach dem russischen Raketenangriff auf ein Spital am 27. Mai seien bisher vier Tote geborgen worden.

Florian Hassel ist Korrespondent für die Ukraine und den Balkan mit Sitz in Belgrad.Mehr Infos

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