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Tag 1 von "Air Defender": "Das ist keine Übung, das ist ein Einsatz"

Am Ende des ersten Tages "Air Defender" zieht die Luftwaffe positive Bilanz: 98 Prozent der Flüge seien durchgeführt worden. Die Zusammenarbeit der 25 Nationen - offenbar reibungslos. Was über Deutschland geübt wird, ist über der Ukraine Ernstfall - und in den Köpfen vieler Soldaten präsent.

250 Kampfjets aus 25 Nationen mit etwa 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern - so lassen sich die Superlative von "Air Defender" sehr schnell auf den Punkt bringen. Doch die Logistiker auf dem Fliegerhorst Wunstorf bei Hannover, der die "logistische Drehscheibe" für die Übung bildet, haben ihre Superlative schon im Vorfeld der Übung gehabt: etwa mit 70.000 Tonnen Schotter, die hier in den letzten Monaten angekarrt wurden, um die mobilen Kerosintanks einzubetten, aus denen die teilnehmenden Jets mit Treibstoff versorgt werden.

Eine Art PopUp-Tanklager haben die Soldaten der Streitkräftebasis - das sind die Logistiker der Bundeswehr - hier errichtet: acht monströse Tanks aus Weichkunststoff, jeder eingelagert in ein eigenes Schotterbett, die erst dann ihre Form erlangen, wenn man sie mit Flüssigkeit auffüllt. Alle acht Tanks zusammen fassen 2,4 Millionen Liter Kerosin. Die Logistiker haben berechnet, dass die 250 Kampfflieger wohl bis zu einer Million Liter Kerosin am Tag verbrauchen werden. "Ich habe meinen Jungs und Mädels gesagt, 'Was wir hier machen, das ist für mich keine Übung, sondern ein Einsatz.' Und so behandle ich ihn auch", sagt Major Peter Pöhlmann, der Kompaniechef.

Er spielt damit auf das an, was zwar keinen Einfluss auf die Ausgestaltung dieser über Jahre geplanten Luftverteidigungs-Übung hatte. Doch es hängt in Wunstorf dennoch in der Luft, dass 2000 Kilometer weiter östlich ukrainische Truppen, teilweise auf deutschem Boden ausgebildet und mit deutschen Panzern ausgestattet, um das Leben und die Freiheit ihrer Landsleute kämpfen. Was am Himmel über Deutschland in dieser Woche simuliert wird, ist dort der bereits 15 Monate dauernde Ernstfall.

"Das verlangen unsere Bündnispartner"

"Ein NATO-Einsatz im Osten könnte von hier aus betankt werden", sagt Pöhlmann, und das ist nicht mehr als ein Gedankenspiel, doch erscheint es dieser Tage in ungewohnte Nähe gerückt. Darum sind die ersten ukrainischen Erfolge bei der Offensive, ist die russische Aggression nicht nur Thema unter den deutschen und ausländischen Soldaten nach Feierabend, sondern auch, wenn der Generalinspekteur der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, über "Air Defender" spricht. Darüber, dass schon am heutigen ersten Tag Kampfflugzeuge nach Litauen verlegt wurden und am Abend wieder zurückkehren werden. "Das ist das, was unsere östlichen Bündnispartner verlangen", sagt Gerhartz. "Diese Rückversicherung, dass wir zeigen, auch sie sind natürlich integraler Bestandteil dieser NATO."

Der Blick nach Osten scheint bei "Air Defender" allgegenwärtig, und gleichzeitig unterstreicht der Luftwaffenchef, dass die Übung als Signal gegen niemanden gerichtet sei. "Es ist ein Signal an uns, nach innen gerichtet, in die NATO hinein", beschreibt Gerhartz, "dass wir in der Lage sind, dieses Land und dieses Bündnis zu verteidigen".

"Wir sind in Formation geflogen, das war super"

Am heutigen ersten Tag war man im Wesentlichen mit Eingewöhnungsflügen beschäftigt. Die Piloten "müssen sich an den neuen Luftraum gewöhnen, die verschiedenen Nationen", alle stellen sich aufeinander ein. Die Piloten der Tankflieger hatten allerdings schon einiges zu tun. Aus Wunstorf fliegen sie bis nach Bayern und auch in das nördliche und östliche Übungsgebiet, um den Jets Treibstoff zur Verfügung zu stellen. "Wir sind zusammen mit acht Jetties und einem Bomber in Formation geflogen, das war super", schwärmt einer der Piloten bei Dienstende.

Bilanz des ersten Tages "Air Defender": Von 147 geplanten Flügen konnten 144 durchgeführt werden. Zwei "F-15"-Kampfjets und eine Drohne aus Tschechien sind nicht gestartet, was nach Aussagen der Luftwaffe keine technischen Ursachen hatte. "98 Prozent der Flüge sind durchgeführt worden", sagt Oberstleutnant Matthias Boehnke, Sprecher der "Air Defender"-Übung, "was ein außerordentlich guter Wert ist". Ab morgen stehen die anspruchsvollen Operationen auf dem Programm - Luftkampf, Abriegelung des Luftraums, Luftnahunterstützung für Bodentruppen. Letzteres ist das, was die Ukrainer an der Front derzeit Menschenleben kostet. Denn der Westen hat zwar mit reichlich Vorlauf seine Luftverlege-Übung geplant, seine "F-16"-Koalition kommt für die ukrainische Offensive aber zu spät.