Liechtenstein
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Baume-Schneiders Wahl ist eine Überraschung

Für den Berner Politologen Adrian Vatter ist die Wahl von Elisabeth Baume-Schneider in den Bundesrat "eine grosse Überraschung". Eine Mischung aus landwirtschaftlichen Interessen, taktischen Überlegungen von SP-Männern und der sympathischen Art der Jurassierin habe wohl den Unterschied ausgemacht.

Dass Baume-Schneider mit 123 Stimmen eine Punktlandung gemacht habe, zeige, dass in den letzten Tagen vor der Wahl bei vielen Parlamentsmitgliedern noch Bewegung in den Entscheidungsprozess gekommen sei, sagte der Direktor des Instituts für Politikwissenschaft an der Universität Bern im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Im Vorfeld der Wahl habe ihr Potenzial bei 110 bis 115 Stimmen gelegen. Die Wahl der Jurassierin habe man so nicht erwarten können.

Vatter macht den Überraschungserfolg an drei Punkten fest: Baume-Schneider sei als Vertreterin eines ländlichen Kantons offen für die Anliegen der Landwirtschaft und habe sicher viele Stimmen aus diesen Kreisen erhalten. "Da ging es klar um Interessen".

Weiter habe es taktische Überlegungen gegeben von SP-Männern, die ein Interesse daran haben, dereinst Alain Berset zu beerben, so Vatter weiter.

Und vermutlich habe auch der Faktor der Persönlichkeit der Kandidatin eine Rolle gespielt. Baume-Schneider habe wohl mit ihrer offenen, sympathischen, unkomplizierten Art gepunktet, dies als Gegenpol zu Eva Herzog mit ihrer eher distanziert-kühlen Art, die letztere vermutlich ein paar Sympathiestimmen gekostet haben dürfte. "Die Kombination aus all diesen Faktoren führte dazu, dass es Frau Baume-Schneider knapp gereicht hat."

Stimmfreigaben schadeten Herzog
Zudem sei es wohl auch ein Nachteil gewesen für die Favoritin Herzog, dass viele Fraktionen Stimmfreigabe beschlossen haben. So hätten sich weniger Parlamentarierinnen und Parlamentarier an eine Parteidoktrin gebunden fühlen müssen. "Damit war ein freierer Entscheid möglich."

Bezüglich des Zweiertickets der SVP ist laut Vatter das eingetreten, "was man erwarten durfte". Die 131 Stimmen von Rösti entsprächen in etwa dem erwarteten Potenzial. Im Gegensatz zur SP habe es bei den SVP-Kandidaten keine Proteststimmen gegeben, die zu einem zweiten oder dritten Wahlgang geführt hätten.

Dem Albert Rösti unterlegenen Hans-Ueli Vogt attestiert Politologe Vatter kein schlechtes Resultat. Mit den erreichten 98 Stimmen habe er sein Potenzial ausgeschöpft.

Es werde jedoch schwierig, wenn man schon in der eigenen Partei in einer Minderheitsposition sei und auch von den anderen Parteien nicht so breit unterstützt werde. Erschwerend sei hinzugekommen, dass Vogt seit 2019 nicht mehr Mitglied des Parlaments ist und entsprechend seine Vernetzung und Verankerung nicht mehr so gross ist wie beim amtierenden Nationalrat Rösti. Seit dem Rückzug von Vogt hat sich das Parlament zu rund einem Drittel erneuert.

Dass nun vier Lateiner im Bundesrat sitzen, kann laut Vatter durchaus zu einer neuen Dynamik führen. Es habe nicht nur die Sprachminderheit "gesiegt", sondern auch die ländliche Schweiz auf Kosten der urbanen Zentren und Grenzregionen. Andererseits wäre laut Vatter vermutlich mehr Bewegung ins Europadossier gekommen, wenn Eva Herzog gewählt worden wäre. Mit den zwei nun gewählten Neuen glaube er nicht, "dass wir diesbezüglich eine neue Dynamik erleben werden".