Ein Spezialplan soll verhindern, dass der Bund bei einem Abbruch der Session ohne Budget ins neue Jahr geht. Das Defizit liegt bei 4 bis 5 Milliarden Franken. Im Schatten der Corona-Milliarden sind auch die Bauern aktiv.

Immer in der Wintersession entscheidet das Parlament über das Budget für das nächste Jahr. Journalisten vor den Parlamentssälen auf dem Bernexpo-Gelände, wo das Parlament im Frühjahr 2020 vorübergehend tagte.
Brenzlige Phasen hat das Parlament während der Pandemie schon mehrfach erlebt. Am Montag beginnt die bis anhin vielleicht schwierigste: National- und Ständerat versammeln sich in Bern zur dreiwöchigen Wintersession. Etliche Ratsmitglieder werden fehlen, weil sie infiziert worden sind oder sich in Quarantäne begeben mussten. Andere dürften daheim bleiben, weil sie zur Risikogruppe gehören oder mit gefährdeten Personen zusammenleben. Jüngstes Beispiel ist der SP-Ständerat Christian Levrat, der diese Woche bekanntgab, dass er positiv getestet wurde. Wie viele Parlamentarier dem Bundeshaus fernbleiben, ist ungewiss.
Klar ist hingegen, dass ein Abbruch der Session nicht auszuschliessen ist. Parlamentsleitung und -dienste tun viel dafür, um dies zu verhindern. Die allgegenwärtigen Plexiglasscheiben, die Maskenpflicht und weitere Schutzmassnahmen sollen Ansteckungen verhindern. Trotzdem bleibt ein Restrisiko. Wenn die Ausfälle zahlreich werden, kann dies die demokratische Legitimation der Entscheide gefährden, was ein vorzeitiges Sessionsende nahelegen könnte.
Bund kennt keine Regelung
Ein Abbruch hätte gravierendere Folgen als im Frühjahr, als die Session vorzeitig beendet werden musste. Denn in der Wintersession entscheidet das Parlament traditionsgemäss über das Budget für das nächste Jahr. Die Beratung zieht sich fast immer bis in die letzte Woche hin, weil das Prozedere aufwendig und die Differenzen zahlreich sind. Was würde nun passieren, wenn das Parlament das Budget nicht mehr rechtzeitig verabschieden könnte? Welche Ausgaben dürften Bundesrat und Verwaltung 2021 tätigen? Wäre die Zahlungsfähigkeit infrage gestellt?
Anders als viele Kantone kennt der Bund keine Regelung für diesen Fall. Diese Lücke hat Ende 2016 für Aufsehen gesorgt, als die Budgetdebatte unvermittelt zu entgleisen drohte. Unerwartet hatte damals der Nationalrat den Voranschlag in der ersten Runde abgelehnt, worauf vorübergehend unklar war, ob rechtzeitig eine Einigung gelingt.
Corona-Ausgaben könnten voll getätigt werden
So weit soll es nicht mehr kommen. Gewitzigt durch die Ereignisse von 2016, hat die Finanzkommission des Nationalrats vorgesorgt. In den letzten Tagen hat sie eigens einen zusätzlichen Bundesbeschluss entworfen, der die Basis für ein Notbudget legt. Geplant ist, dass National- und Ständerat diesen Beschluss in den ersten Sessionstagen umgehend verabschieden. Er legt fest, dass bei einem Sessionsabbruch ein «Übergangsvoranschlag» gelten würde, der sich am Budgetentwurf des Bundesrats orientiert. Er würde so lange gelten, bis das Parlament ein ordentliches Budget verabschiedet, was mutmasslich im März der Fall wäre.
Der Beschluss würde die Zahlungsfähigkeit sichern, indem er definiert, welchen Teil der Ausgaben die Verwaltung vor der definitiven Genehmigung tätigen dürfte. Bei den Corona-bedingten Ausgaben wären dies 100 Prozent, bei den anderen Ausgaben maximal die Hälfte. Es ist anzunehmen, dass das Notbudget im Parlament auf breite Zustimmung stösst. In den Finanzkommissionen beider Kammern gab es jedenfalls keine einzige Gegenstimme.
Bauern wollen 17 Millionen für sich herausholen
Das Budget an sich ist stark von der Pandemie in Mitleidenschaft gezogen worden. Mehrere Positionen sind umstritten. Je nachdem bewegt sich das Defizit im Bereich von 4,4 bis 4,9 Milliarden Franken. Darin inbegriffen sind weitere grosse Corona-Posten: 2,2 Milliarden für weitere Erwerbsersatzzahlungen sowie der Bundesbeitrag von 680 Millionen an die Härtefallhilfen für Firmen. Falls 2021 bei einem schlechten Verlauf der Krise ein erneuter Sonderbeitrag an die Arbeitslosenversicherung nötig wäre, würde dies das Defizit weiter vergrössern.
Im Schatten der vielen Corona-Milliarden versucht die Bauernlobby auch noch ein paar Millionen für ihre Klientel herauszuholen. Sie will den Budgetposten für die Subventionen um knapp 17 Millionen Franken höher ansetzen als der Bundesrat. Dieser hatte den Betrag auf Geheiss des Parlaments etwas tiefer angesetzt, weil die Teuerung kleiner ausgefallen ist als erwartet. Doch davon wollen manche im Parlament offenbar nichts mehr wissen, wenn es um die Bauern geht. In der Finanzkommission des Nationalrats hat der Antrag zugunsten der Landwirtschaft eine Mehrheit gefunden.