Austria
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Aufgegebene Schutzzonen: Wie ein Eigentor

Ökologen wenden sich vehement gegen die Freigabe von Flächen, auf denen eigentlich die Biodiversität geschützt werden sollte.

Es geht um 9000 Hektar, die zu Beginn dieses Jahres noch außer Nutzung gestellt waren. Auf diesen ungenutzten Flächen soll sich die bedrohte Artenvielfalt erholen und insbesondere Insekten und Vögel Biotope vorfinden, die in den vergangenen Jahrzehnten verschwunden sind. „Brachen sind Lebensräume mit hoher Biodiversität in Agrarlandschaften, die beispielsweise Vögel, Insekten oder Wildbienen Schutz anbieten,” erklärt Dr. Thomas Wrbka, Professor für Botanik und Landschaftsökologe an der Universität Wien.

Seit dem Frühjahr dürfen diese 9000 ha wieder landwirtschaftlich genutzt werden: Unter dem Eindruck des russischen Überfalls auf die Ukraine und unter dem Schlagwort „Versorgungssicherheit“ hat die damalige Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) diese Gebiete wieder freigegeben.

Experten hatten schon damals eingewendet, dass es sich bei den Brachflächen um schwierig zu bearbeitende Zonen handelt. Deshalb schätzt die AMA, dass etwa zwei Drittel dieser Gebiete tatsächlich in Nutzung genommen werden und sich die Erntemenge um weniger als ein Prozent steigern ließe. Dennoch hat der neue Landwirtschaftsminister, Norbert Totschnig (ÖVP), vor kurzem die Nutzung dieser Bracheflächen bis Ende nächsten Jahres verlängert.

Franz Essl, Professor für Ökologie, ebenfalls an der Universität Wien und, wie auch Wrbka, im Leitungsteam des Österreichischen Biodiversitätsrats, ergänzt: „Eine landwirtschaftliche Nutzung der Brachen ist daher wie ein Eigentor: Sie zerstört den Lebensraum der Tiere und entzieht sich dabei selbst die wichtigen Bestäuber für Obst- und Gemüsearten. Die Brachenfreigabe ist daher eine Bedrohung für die langfristige Ernährungssicherheit – und sie verschärft dabei auch die Biodiversitätskrise.”

Die beiden Wissenschaftler fordern im Namen ihres Gremiums, dass keine Flächen aus dem österreichischen Agrar-Umweltprogramm (Öpul) freigegeben werden. Als Lösung biete sich geradezu an, an zwei Schrauben zu drehen: Einerseits werde nur ein knappes Fünftel des Getreides, das in Österreich geerntet wird, von Menschen verzehrt. 81 Prozent werden zu Futter verarbeitet oder in der Industrie eingesetzt, etwa für die Produktion von Bio-Diesel. Und außerdem verliere Österreich jährlich 5500 Hektar an produktivem Boden durch Bautätigkeit.