Austria
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Brav ist er, der Algorithmus: Er kriegt einen Einser

Ein Grazer Start-up weiß, dass auch künstliche Intelligenz für Belohnungen empfänglich sein kann. Die Forschenden nutzen dies, um Testroutinen für Internet-Anwendungen, beispielsweise für Webshops, zu automatisieren.

Künstliche Intelligenz (KI) kann clever sein, ist aber auch recht genügsam: Um sie zu belohnen, reicht mitunter eine simple „1“. „Wir haben den Lernalgorithmus so gestaltet, dass eine Eins von der KI während des Trainings als Belohnung für richtige Antworten erlebt wird. Das trägt dazu bei, dass die KI letztlich ihre Aufgaben fehlerfrei ausführt“, erklärt Leander Zaiser vom Start-up AnyConcept.

Das vom Grazer Hightech-Inkubator Science Park und von der Austria Wirtschaftsservice AWS unterstützte Unternehmen entwickelt eine Automatisierungssoftware, die in der Lage ist, den Bildschirminhalt eines Computers zu verstehen und zu erkennen. Das wären beispielsweise ein Eingabefeld, ein Button oder eine Excel-Zelle. „Dieses Service kann unter anderem von Webshop-Betreibern eingesetzt werden, um Funktionen wie den reibungslosen Ablauf des Einkaufsvorgangs regelmäßig zu überprüfen“, skizziert Zaiser.

Ein Zuckerl für den Computer

Damit die Software das schafft, muss die dahinterstehende künstliche Intelligenz entsprechend trainiert werden. Das geschieht bei AnyConcept mithilfe einer besonderen Form des maschinellen Lernens, das auf dem Prinzip der positiven Verstärkung basiert. Dieses Prinzip kennt man aus der Verhaltensforschung: Das regelmäßige Belohnen einer bestimmten Handlung bewirkt, dass Menschen und manche Tiere diese Handlung bevorzugt ausführen.

„Ob künstliche Intelligenz tatsächlich so etwas wie Freude über eine Belohnung empfindet, können wir nicht sagen“, verneint Zaiser Einblicke in das Gefühlsleben des Algorithmenkomplexes. „Aber Tatsache ist, dass jene Bahnen im neuronalen Netz der KI, die für eine Aktion verantwortlich sind, gefestigt werden, wenn diese Aktion belohnt wird. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass in einer gleichartigen Situation dieselbe Aktion wieder ausgeführt wird.“

Belohnt wird die KI beispielsweise, wenn sie einen Button auf einem Computerbildschirm als solchen erkennt, unabhängig von seiner Größe oder seinem Aussehen. „Wir haben eine Funktion eingebaut, die unter anderem beim richtigen Identifizieren eines Buttons eine Eins als Ergebnis auswirft“, erklärt Zaiser. „Diese Eins wird von der KI im Gegensatz zur Null als erstrebenswert, also als Belohnung wahrgenommen.“ Webshop-Betreiber können damit unter anderem testen, ob von Käufern ausgewählte Artikel tatsächlich in den Warenkorb gelegt werden können und bis zum Bezahlvorgang dort verbleiben. Solche Tests werden regelmäßig im Zuge von Wartungen durchgeführt und sind insbesondere bei Änderungen im Design oder in der Funktionalität von Webshops erforderlich.

Erste Kunden gibt es schon

„Unsere Applikation führt solche Tests automatisiert durch“, sagt Zaiser. „Und weil die KI die Bildschirmdarstellung versteht, also pixelbasiert arbeitet, ist sie unabhängig vom Programmcode des Webshops“, so der Experte. „Ursprünglich wollten wir ja einen ,virtuellen Praktikanten‘, also eine Applikation entwickeln, die lästige und repetitive Büroaufgaben automatisiert“, sagt der Unternehmensgründer. „Aber dann haben wir gemerkt, dass der Marktzugang leichter ist, wenn wir uns auf KI-basiertes Software-Testing konzentrieren.“ So zählen nun ein Versicherungsunternehmen sowie ein Geldinstitut zu den ersten Kunden des Grazer Start-ups.

In Zahlen

120 Milliarden Euro wird die KI-Branche in drei Jahren weltweit wert sein. 2015 waren es fünf Mrd.

85 Prozent der Beziehungen zwischen Unternehmen und Kunden werden bald ohne menschliche Beteiligung durchgeführt.

33 Prozent gaben in der US-Studie an, Technik mit KI zu nutzen. Aber hinter 77 % der Technik steckt KI.