Austria
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Bre und Oida - Warum man auch Beides sein kann

© Aleksandra Aleshchenko

Kolumne

Für mich war es schon immer das Normalste der Welt zwischen zwei Kulturen aufzuwachsen - für beide war ich aber nie genug.

von Sarah Lechner

Von klein auf habe ich die meisten Feiertage gleich zweimal zelebriert: Sei es Weihnachten, Silvester oder Ostern. Der Grund: Mama ist Serbin, Papa Österreicher.

Viele, die mich kennenlernen, fragen mich oft, wie es ist in einem Haushalt mit zwei Kulturen aufzuwachsen. Für mich war das aber schon immer das Normalste der Welt: Zwei Sprachen, zwei Traditionen und zwei Zuhause. Erst in der Schule habe ich angefangen, meine Herkunft zu hinterfragen und die Unterschiede zu erkennen.

Einer davon ist sicherlich das Essen: An einem Tag gibt es bei uns Schnitzel mit Pommes, an einem anderen Sarma mit Proja. Ein weiterer Fakt: Jugos essen gefühlt alles mit Brot. Meine Tante isst selbst Spaghetti mit Brot. Aber auf gar keinen Fall darf in jedem Gericht – und ich meine auch wirklich in jedem – Vegeta fehlen. Vegeta ist für meine serbische Familie sowas, wie Luft zum Atmen – wir brauchen es, um zu überleben. Ich bin diesem Gewürz selbst zum Opfer gefallen.

Dass die Sprachen komplett anders sind, brauch ich keinem zu erzählen. Für viele ist die deutsche Sprache aggressiv, für mich ähnelt sie eher einer Einschlafmusik. Im Ernst – im Vergleich zum Serbokroatischen ist die deutsche Sprache die Ruhe auf Erden. Bei Familientreffen mit meiner Jugo-Seite muss ich mich darauf einstellen, nicht einmal meine eigenen Gedanken hören zu können. Selbst wenn wir Smalltalk führen, denken die meisten, dass wir uns streiten. "Worüber diskutiert ihr schon wieder?", ist der Standard-Satz meines Vaters, wenn er uns reden hört.

Nie "jugo" genug, nie "schwabo" genug

Beim BKS ist das "R" aber ganz wichtig. Um genauer zu sein, das Rollen dieses Buchstaben. Ich persönlich habe es eine Zeit lang nicht gekonnt, weil das im Deutschen unüblich ist. Für einen Menschen mit Balkan-DNA allerdings, ist es das Schlimmste, diese Sprachkunst nicht zu beherrschen. Mit Zungenbrechern wie "Riba ribi grize rep" oder "Na vrh brda vrba mrda" konnte ich nie mithalten. Es wurde mir immer unangenehmer, die Sprache zu sprechen, bis ich sie eine Zeit lang überhaupt nicht gesprochen habe.

Mein Leben lang habe ich versucht, mich in beiden Kulturen zu beweisen. Für die Serben war ich nie "jugo" genug, für die Österreicher zu wenig "schwabo". Ich konnte es nie jemandem recht machen. Auch auf die Frage "Wo fühlst du dich mehr hingezogen?" war meine Antwort nie die Richtige. "Solltest du dich nicht mehr österreichisch fühlen, weil du hier geboren wurdest?" oder "Wie kannst du dich mehr in Serbien zu Hause fühlen, wenn du fast nie dort bist?". Ständig mich über meine eigenen Gefühle rechtfertigen zu müssen, selbst gegenüber meiner Familie, hat irgendwann gereicht. Ich lebe nun einmal zwischen zwei Welten. Der Unterschied zu früher: Ich trenne sie nicht mehr, weil ich beides kann.

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