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Christoph isst: Über kulinarische Identität - und die Freude an der Linzer Torte

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Es ist ziemlich genau 20 Jahre her, da verließ Ihr Kolumnist seine Heimatstadt - und zog gen Osten nach Wien. Seine kulinarische Identität hat er freilich nie verloren. Und so erhalten Freunde und Familie aus Linz stets genaue Anweisungen, was sie bei ihren Besuchen in die großen Tiefkühltaschen zu packen haben.

Hascheeknödel gehören jedenfalls dazu - nicht nur, um gängige Klischees zu bedienen, sondern weil sie in der Bundeshauptstadt - angeblich eine Weltstadt - so gut wie gar nicht zu kriegen sind. Auch die Linzer Torte gehört zum Repertoire dessen, was den Kolumnisten wohlig an die Heimat denken lässt.

Das Rezept

Um sich aus der Abhängigkeit der Besucher zu befreien, hat sich der Koumnist unlängst selbst über die Linzer Torte gewagt: Er schlug  240 g handwarme Butter mit 300 g Staubzucker, einer Prise Salz, etwas Zitronenschale, einem Päckchen Vanillezucker sowie 2 Msp Zimt und einer 1 Msp Nelkenpulver schaumig auf, rührte nach und nach 6 verschlagene Eier ein und hob 200 g Mehl, 200 g Semmelbrösel und 150 g geriebene Haselnüsse unter.

Zwei Drittel der Masse füllte er in eine gebutterte und gestaubte Tortenform, strich den Teig glatt, belegte ihn mit Oblaten und bestrich alles dick mit Ribiselmarmelade. Die restliche Masse füllte er in einen Dressiersack und spritzte ein (zugegeben mäßig kunstvolles) Gitter auf die Marmelade. Nach 45 Minuten im Backrohr (bei 170 Grad Ober-/Unterhitze) konnte sich das Ergebnis dennoch mehr als sehen lassen.

Soweit zumindest seine Sicht der Dinge.

Denn während die Knödel im Wiener Freundes- und Familienkreis bereitwillige Abnehmer finden, ist das mit der Linzer Torte so eine Sache: Zu trocken sei sie, merken die Blasphemiker gerne an. Bröselig, mit zu viel Teig - und überhaupt werde sie beim Kauen im Mund immer mehr statt weniger.

Die Ehrenrettung

Der Kolumnist rückt dann zur Ehrenrettung aus: Dass das Rezept der Linzer Torte das älteste der Welt sei, führt er etwa gerne an. Erstmals niedergeschrieben wurde es im Jahr 1653 von einer gewissen Gräfin Anna Margarita Sagramosa, das Originalrezept liegt heute im Stiftsarchiv Admont. Den Kalauer, ob die Torten des Kolumnisten selbst noch aus den Beständen des 17. Jahrhunderts stammen, überhört er geflissentlich. Und singt zur Strafe einige Stücke aus der Operette "Linzer Torte", die der bayerische Komponist Ludwig Schmidseder komponierte.

Dass das die Stimmung zwar hebt, aber nicht zwangsläufig zur Beliebtheit seiner Backwerke beiträgt, können Sie sich denken. Er musste also einsehen, dass die Gaumen der fremdländischen Restösterreicher für den feinen Geschmack der Torte - diese zimtige Note, das Säurespiel der Ribiselmarmelade! - nicht geschaffen sind.

Umso mehr freut es den Kolumnisten, dass er sich ab sofort wieder intensiver mit der außergewöhnlichen kulinarischen Vielfalt seines Heimatbundeslandes beschäftigen darf: Er wird wöchentlich an dieser Stelle kochen, backen und die Gastronomie seiner Linzer Heimat unsicher machen. Traditionelles wird dabei ebenso seinen Platz haben wie die junge, mutige Küche, die man immer öfter in Linz findet.

Und irgendwann traut er sich dann auch über die selbstgemachten Hascheeknödel drüber.