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Fernduell zwischen Macron und Mélenchon

Bei der ersten Runde der Parlamentswahl zeichnet sich ein Negativrekord bei der Beteiligung ab. Für Präsident Macron war der Urnengang, dessen Stichwahl nächste Woche stattfindet, ein Bewährungstest.

Sieben Wochen nach der Zitterpartie bei der Präsidentschaftswahl muss Frankreichs Staatschef, Emmanuel Macron, erneut einen wichtigen Test bestehen. Bei der Parlamentswahl, deren erste Runde am Sonntag stattfand, wurde über seine künftige Machtbasis und Regierungsfähigkeit entschieden: Auf der Kippe steht die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung.

Mehr als 48 Millionen Wahlberechtigte waren zur Kür der 577 Abgeordneten der Nationalversammlung aufgerufen, doch das Interesse der Franzosen an der Wahl war gering: Meinungsforscher hatten bereits vorab einen Negativrekord bei der Wahlbeteiligung vorausgesagt. Tatsächlich lag diese bis um 17 Uhr mit 39,42 Prozent um 1,3 Prozentpunkte niedriger als vor fünf Jahren um dieselbe Zeit. Die Wahllokale waren bis 18 Uhr geöffnet, in Großstädten auch bis 20 Uhr. 

Im ersten Wahlgang wird entschieden, wer sich für die zweite Runde am kommenden Sonntag qualifizieren kann. In den Kreisen, in denen bei der ersten Runde kein Kandidat die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen geholt hat, findet am 19. Juni eine Stichwahl statt. Es wurden Hunderte Duelle zwischen Kandidaten des Linksbündnisses Nupes aus Linkspartei, Grünen, Sozialisten und Kommunisten und des Regierungslagers Ensemble erwartet.

Große Angst vor „Cohabitation“

De facto ist die Wahl ein „Fernduell“ zwischen Macron und seinem derzeit größten Widersacher, dem Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon. Der einstige Präsidentschaftskandidat fordert den Posten des Premiers, sollte das von ihm angeführte Linksbündnis – entgegen letzter Umfragen – eine Mehrheit erreichen. In Frankreich wird der Präsident direkt vom Volk gewählt. Er ernennt den Ministerpräsidenten, der aber auf das Vertrauen des Parlaments angewiesen ist.

Im Falle eines Sieges der Linken wäre Macron also zur „Cohabitation“ gezwungen, einer Teilung der Macht zwischen dem Präsidenten und der Parlamentsmehrheit, es wäre die erste Cohabitation seit 2002. Für den im April im Amt bestätigten Präsidenten wäre dies eine folgenschwere Schlappe. Mélenchon hat bereit Macrons Plänen, das Pensionsantrittsalter von derzeit 62 auf 65 Jahre zu erhöhen, eine Absage erteilt: Er pocht auf eine Pension ab 60 Jahren. Auch ist der 70-Jährige skeptisch gegenüber Nato und EU. Das droht den außenpolitischen Kurs Macrons erheblich zu erschweren.

„Wahlhilfe“ für Mélenchon sind zudem die in Frankreich rasant steigenden Lebenskosten und die verschärften Ängste vor sozialem Abstieg. Dies waren laut Umfragen denn auch die wichtigsten Wahlthemen. Attraktiv sind daher für viele Versprechen des Linkspopulisten, die Mindesteinkommen anzuheben oder die Preise lebensnotwendiger Produkte ebenso wie von Wohnungsmieten zu deckeln.

Gute Chancen wurden auch der rechtspopulistischen Partei RN um Marine Le Pen vorausgesagt, die erstmals eine eigene Fraktion bilden könnte. Ihrer Vorgängerpartei FN war dies zuletzt 1986 gelungen. Eine Schlüsselrolle nach der Wahl könnten die Konservative erhalten. Sie dürften zwar ihre Position als größte Oppositionspartei verlieren, aber könnten Macron bei einigen Vorhaben unterstützen, sollte er die absolute Mehrheit verlieren. (red./ag./basta.)