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Fristen laufen ab: Grasser-Anwalt arbeitet "mit Hochdruck"

Am 4. Dezember 2020 wurden der Ex-Finanzminister und 13 weitere Angeklagte in den Affären „Buwog“ und „Terminal Tower“ nicht-rechtskräftig verurteilt. Nun naht der Gang zum OGH.

Fast 14 Monate nachdem Richterin Marion Hohenecker am Landesgericht für Strafsachen in Wien am 4. Dezember 2020 die nicht-rechtskräftigen Urteile in den Affären „Buwog“ und „Terminal Tower“ ausgesprochen hat, wurden diese am 28. Jänner 2021 in schriftlicher Form zugestellt. Der Korruptionsprozess, der sich um den früheren Finanzminister Karl-Heinz Grasser und 13 weitere Angeklagte drehte, begann am 12. Dezember 2017 und dauerte 169 Verhandlungstage lang. Und wird demnächst fortgesetzt.

Denn: „Wir arbeiten mit Hochdruck daran“, sagt Grassers Verteidiger Manfred Ainedter auf die Frage, wie es denn um die schriftlichen Ausführungen zum Schuldspruch des Ex-Ministers stehe. Tatsächlich drängt langsam die Zeit: Da das Urteil knapp 1300 Seiten umfasst und seine Erstellung mehr als ein Jahr dauerte, erhielten auch die Rechtsvertreter entsprechend Zeit, um dagegen vorzugehen. Diese läuft nun aber Anfang Jänner 2023 ab. Einige Nichtigkeitsbeschwerden der Parteien sind daher bereits im Wiener Straflandesgericht eingetroffen, wie Gerichtssprecherin Christina Salzborn bestätigt. Der nächste Schritt: Bevor der Fall zum Obersten Gerichtshof (OGH) wandert, wird noch die Generalprokuratur zu den Rechtsmitteln von allen Parteien Stellung nehmen.

Doch worum geht es überhaupt? Mehr als 150 Zeugen wurden im Verlauf von drei Jahren im Großen Schwurgerichtssaal gehört. Und einige Höchstmarken erreicht: Die Verhandlungsprotokolle umfassen mehr als 16.000, die Urteilsausfertigung knapp 1300 Seiten, teilte das Straflandesgericht mit. Bereits die Anklageschrift der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vom 20. Juli 2016 war 825 Seiten stark. Grasser hatten bereits nach der Urteilsverkündung den Gang in die Berufung angekündigt. Ebenso Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger, der sieben Jahre Haft erhielt, und der teilgeständige Lobbyist Peter Hochegger, der sechs Jahre Gefängnis ausfasste.

„Ich weiß, dass ich unschuldig bin“, hatte der frühere Minister am 4. Dezember 2020 erklärt, nachdem er seine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren „traurig, schockiert und erschrocken" vernommen hatte. Sein Anwalt Manfred Ainedter sprach von einem „glatten Fehlurteil". Die sechs gefällten Freisprüche haben indes bereits Rechtskraft erlangt, da die Anklagebehörde die Entscheidung des Schöffensenats akzeptiert hat.

Grasser: „Mir ist Gerechtigkeit widerfahren"

Eine Pause von den Gerichtssälen bedeuteten die vergangenen Monate für Grasser übrigens nicht: In einem Steuerprozess im heurigen Juli wurde er freigesprochen. In dem Prozess ging es um den Vorwurf der Steuerhinterziehung bei den Provisionen für Grassers Engagement bei Meinl International Power. „Mir ist Gerechtigkeit widerfahren", meinte er nach dem Urteilsspruch und verwies darauf, dass er mit der Justiz „auch andere Erfahrungen gemacht hat" - wohl anspielend auf das Buwog-Urteil.

Die Vorwürfe auf einen Blick

Karl-Heinz Grasser, von 2000 bis 2007 Finanzminister in zwei Regierungen von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP), stand erstmals wegen Korruptionsverdachts vor Gericht. Ihm wurde zur Last gelegt, sich mithilfe seiner Vertrauten - Walter Meischberger, Peter Hochegger und dem ebenfalls mitangeklagten Immobilienmakler Ernst Karl Plech - unrechtmäßig bereichert haben. Konkret gingen die Oberstaatsanwälte Gerald Denk und Alexander Marchart davon aus, dass es sich bei der Provision in Höhe von 9,6 Millionen Euro, die im Zuge des Verkaufs der Bundeswohnungen (Buwog) an Hochegger und Meischberger geflossen ist, in Wahrheit um Schmiergeld gehandelt hat - die Privatisierung erfolgte in Grassers Amtszeit.

Weiters soll Grasser laut WKStA mit seinen Vertrauten für die Einmietung der Finanz in das Linzer Bürohaus Terminal Tower 200.000 Euro Schmiergeld erhalten haben. Die Genannten bestreiten die Vorwürfe und haben Rechtsmittel gegen die Schuldsprüche angekündigt - eingelegt werden können sie formal aber erst, wenn das Urteil vorliegt. Es gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung.

(hell/APA)