Austria
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Jagd auf Wolf erleichtert: Tirol erklärt alle Almen zum Schutzgebiet

Um das streng geschützte Raubtier nach Rissen sofort schießen zu können, wird Herdenschutz als nicht machbar eingestuft.

von Christian Willim

Zäune sind teuer, Hirten sowieso. Und Schutzhunde werden in Tirol kritisch gesehen, da im Tourismusbundesland Angriffe durch die Tiere auf Wanderer befürchtet werden. Die schwarz-rote Landesregierung verabschiedet sich deshalb nun gänzlich vom Herdenschutz als Maßnahme, um Nutztiere vor Rissen durch Wölfe und andere Beutegreifer zu bewahren.

In der Regierungssitzung am Dienstag wurde eine Almschutz-Verordnung beschlossen, laut der sämtliche Almen im Bundesland - es sind rund 2.100 - als nicht schützbar eingestuft und als Alpschutzgebiete ausgewiesen wurden. Damit sei gewährleistet, "dass es hier keine gelinderen Maßnahmen braucht", erklärte ÖVP-Agrarlandesrat Josef Geisler.

Das heißt im Klartext, dass bei Rissen durch einen Wolf nicht zunächst versucht werden muss, diesen zu vergrämen oder die Herde zu schützen. Werden auf einer Alm wiederholt - also öfter als einmal - Weidetiere getötet, erlässt die Landesregierung per Umflaufbeschluss sofort eine Abschussverordnung für Wölfe innerhalb eines Radius von zehn Kilometern.

Herdenschutz mit Zäunen und Hunden wird nicht weiterverfolgt

© Bild: APA/BARBARA GINDL

Bereits als der Tiroler Landtag im Februar eine von ÖVP und SPÖ mit der FPÖ ausgearbeitete Novelle des Jagdgesetzes verabschiedete, die es möglich macht, Wölfe per einfacher Verordnung und nicht mehr per Bescheid zum Abschuss freizugeben, sprach Geisler von einem rechtlichen Grenzgang, den man wagt.

Mit diesem neuen Instrument wurde der Beschwerdeweg für Tierschutzorganisationen ausgehebelt. Der WWF, der bislang alle Abschussbescheide gekippt hatte, kündigte bereits an, gegen die Novelle rechtlich vorzugehen.

Der Wolf ist in der Europäischen Union streng geschützt. Abschüsse sind nur in Ausnahmefällen möglich. Darum sind eigentlich auch gelindere Maßnahmen zu versuchen, ehe ein Tier entnommen werden darf. Indem alle Almen als nicht für Herdenschutz geeignet eingestuft werden, schließt die Landesregierung gelindere Maßnahmen von vornherein aus.

Geisler verspricht sich und den Bauern davon, dass es künftig rasch zu Abschüssen kommen kann. Dass die Regelung kippt, befürchtet er nicht. Die sei "gutachterlich hinterlegt" und unter Einbeziehung von "namhaften Experten" erstellt worden.

"Fliegt uns nicht um die Ohren"

Auch SPÖ-Landesrat Georg Dornauer, der sich im Wahlkampf ebenfalls für rasche Abschüsse ausgesprochen hatte, zeigte sich bei einer Pressekonferenz überzeugt, dass "wir nicht Gefahr laufen, dass uns das Ganze um die Ohren fliegt."

Man wird sehen. Fakt ist, dass die Rückkehr des einst ausgerotteten Raubtiers nach Tirol in den vergangenen Jahren unter Almbauern, aber nicht nur, hoch emotional diskutiert wurde. Die Zahl der getöteten Tiere und nachgewiesenen Wölfe hat ständig zugenommen.

Im Vorjahr sollen ihnen 354 Schafe und Ziegen zum Opfer gefallen sein. Für 19 verschiedene Wölfe gab es einen DNA-Nachweis.

Schad- und Risikowölfe

Wenn es um die Bejagung der Tiere geht, wird zwischen Schad- und Risikowölfen unterschieden. Als Schadwolf wird ein Tier eingestuft, wenn es auf einer Alm wiederholt Weidetiere reißt oder bei einem einzelnen Angriff "mindestens fünf Schafe oder Ziegen getötet oder zumindest ein Rind, Pferd oder Esel getötet oder verletzt" hat.

Auf der Heimweide unten im Tal hingegen "muss Herdenschutz vorhanden sein." Wird dieser überwunden, kann der Wolf ebenfalls zum Abschuss freigegeben werden. Das gilt auch für Risikowölfe, also Tiere, die mehr als einmal im bebauten Gebiet auftauchen.

Abschussverordnungen gelten für acht Wochen. Einen Nachweis dafür, dass der "richtige" Wolf bejagt wird, braucht es nicht. Auch das bietet ein Einfallstor für ein Kippen der Regelung.

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