Austria
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Kontinuierlicher Anstieg bei Betretungsverboten

Laut den heimischen Gewaltschutzzentren gebe es zudem Lücken im österreichischen Recht, die im Sinne des Opferschutzes geschlossen werden sollten. Marina Sorgo, Vorsitzende des Bundesverbandes der österreichischen Gewaltschutzzentren, sagte, dass sich diese Entwicklung auch analog bei den Kontakten von Betroffenen bei den Gewaltschutzzentren insgesamt beobachten lässt.

„Zu uns kommen natürlich nicht nur Menschen, die vorher bei der Polizei waren“, so Sorgo. 2021 berieten die Gewaltschutzzentren 22.039 Menschen (Betretungsverbote: 13.546), 2022 waren es 23.648 (Betretungsverbote: 14.462). Etwa 85 Prozent der Gewaltausübenden sind männlich. Bei den verhängten Betretungs- und Annäherungsverboten setzt sich diese Geschlechterverteilung ungefähr fort. Fast 88 Prozent dieser Verbote betreffen Männer.

Gewaltschutzzentren-Vorsitzende Marina Sorgo (Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)

Gewaltschutzzentren-Vorsitzende Marina Sorgo

(Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)

Sensibilisierung gestiegen
Die Vorsitzende des Bundesverbandes erklärte darüber hinaus, dass der Anstieg der Kontakte und verhängten Verbote aus ihrer Sicht nicht Zeichen einer gestiegenen Gewalt, aber einer gestiegenen Sensibilisierung sei. Seit ihrer Einführung sei die Zahl der Betretungs- und Annäherungsverbote sukzessive höher geworden. Als Beispiele dafür nannte Sorgo, dass die Polizei intensiv in der Grundausbildung geschult werde. „Auf der anderen Seite sehen die Menschen, dass es etwas hilft (wenn sie sich an die Behörden oder die zuständigen Stellen wenden, Anm.)“, sagte sie.

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70 bis 80 Prozent der Opfer von Frauenmorden waren vorher nicht bei der Polizei oder bei Opferschutzeinrichtungen.

Marina Sorgo

Corporate Identity für mehr Sichtbarkeit
Ein Defizit ist der Bundesvorsitzenden zufolge noch immer die Sichtbarkeit der Gewaltschutzzentren. Unter anderem mit einer Corporate Identity will man dem abhelfen: So heißt auch die Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie nun Gewaltschutzzentrum und befindet sich ebenfalls unter dem Dach des Bundesverbandes, wie deren interimistische Geschäftsführerin Nicole Krejci erläuterte. „70 bis 80 Prozent der Opfer von Frauenmorden waren vorher nicht bei der Polizei oder bei Opferschutzeinrichtungen“, betonte Sorgo.

Der Bundesverband sieht auch nicht die Gefahr, dass sich Betroffene in einem „Dschungel der Anlaufstellen“ verirren könnten. Betroffene würden weitervermittelt, wenn die Beraterinnen und Berater merken, dass eine andere Stelle für sie geeigneter wäre.

Gesetzeslücken schließen
Die Gewaltschutzzentren bemühen sich auch, dass Gesetzeslücken im Opferschutz geschlossen werden. So wollen sie, dass Betroffene von Gewalttaten und deren Vertreterinnen bzw. Vertreter ein Antragsrecht für Weisungen des Gerichts bekommen. Dabei geht es beispielsweise um ein Kontaktverbot für den Täter oder die Auflage, dass er sich einem Alkoholentzug unterziehen muss. Karin Gölly, Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums Burgenland, wies außerdem darauf hin, dass es im Sinne des Opferschutzes wichtig wäre, auch in Zivilverfahren eine kostenlose juristische Prozessbegleitung für Gewaltbetroffene zu haben.

Gölly forderte darüber hinaus österreichweit standardisierte Tools bei der Risikoeinschätzung von Gefährdern. Außerdem wäre es aus Sicht der Gewaltschutzzentren wichtig, in Fällen, wenn man schon sehe, dass hier patriarchale Strukturen vorhanden sind oder bei denen es sich um vulnerable Familien handelt, früher Hilfe anzubieten.