Austria
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„Krone“ in Lemberg: Sirenen gehören zum Alltag

Alle wollen raus, die „Krone“ wollte rein und ist seit Donnerstag drinnen in der Ukraine. Gleich nach der Grenze zu Polen (Videos unten) ziehen Flüchtlingsströme an uns vorbei, Barrikaden aus Sandsäcken werden aufgebaut, Panzerigel in Stellung gebracht.

„Krone“-Fotograf Sepp Pail knipst gleich munter drauflos, das bleibt den Soldaten freilich nicht verborgen. Wir werden angehalten, die Handys auf Videos kontrolliert. Die Kamera, noch hastig auf der Rückbank versteckt, bleibt unentdeckt.

Das „Krone“-Team Sepp Pail und Burghard Enzinger (Bild: Sepp Pail)

Das „Krone“-Team Sepp Pail und Burghard Enzinger

(Bild: Sepp Pail)

Polizei und Militär überall auf den Straßen der Stadt
Noch ist im Westen der Ukraine der Krieg nicht angekommen, er wirft aber längst seine Schatten voraus. In der 700.000-Einwohner-Stadt, einst eine Perle des Habsburger-Reichs, patrouilliert und kontrolliert Militär und Polizei. Polizisten mit Waffen im Anschlag halten ein verdächtiges Fahrzeug auf - der Feind ist überall.

Militär und Polizei kontrollieren und patrouillieren. (Bild: Sepp Pail)

Militär und Polizei kontrollieren und patrouillieren.

(Bild: Sepp Pail)

Wann kommt er auch nach Lemberg? „Ich weiß es nicht, noch fühle ich mich hier sicher. Angst habe ich keine, meine Familie ist in Sicherheit. Egal, was kommt - ich bleibe! Ich fürchte mich vor einer nuklearen Katastrophe viel mehr als vor dem Feind. Nach dem Brand im Atomkraftwerk Zaporischschje soll der Strahlenwert in der Umgebung bereits sechsmal höher sein als in Tschernobyl“, berichtet Vitali, der Portier in unserem Hotel.

Gleich den Schutzraum gezeigt
Gleich nach der Ankunft hat er uns den Schutzraum gezeigt, falls die Sirenen losgehen. Wenige Stunden später heulen sie tatsächlich. Über Lautsprecher wird die Bevölkerung aufgefordert, sich vor möglichen Raketen- und Bombeneinschlägen in Sicherheit zu bringen. Scheint niemanden wirklich zu kratzen, das Leben nimmt seinen Lauf. Die Lemberger haben sich an die Gefahr gewöhnt.

Schlangen vor den Bankomaten (Bild: Sepp Pail)

Schlangen vor den Bankomaten

(Bild: Sepp Pail)

Der Markt ist noch offen. (Bild: Sepp Pail)

Der Markt ist noch offen.

(Bild: Sepp Pail)

Ausgangssperre - jetzt kochen hier Soldaten auf
Seit Tagen befindet sich die Stadt im Kriegsmodus. Viele Restaurants haben geschlossen, jetzt wird für die Soldaten aufgekocht. Vor Bankomaten und Essensausgabestellen sind Menschenschlangen zu sehen - Tausende Flüchtlinge müssen versorgt werden (Video unten).

Im historischen Stadtzentrum, von der UNESCO zum Weltkulturerbe erhoben, ragen in Plastik gehüllte Statuen in den grauen Himmel. Fast herzig angesichts Putins Kriegsmaschinerie, die derzeit das restliche Land in Schutt und Asche legt.

Eine Schutzhülle über einer Statue (Bild: Pail Sepp)

Eine Schutzhülle über einer Statue

(Bild: Pail Sepp)

Allen wollen die Kriegs-News
Selbst im Wiener Kaffeehaus am Hauptplatz ist von österreichischer Gemütlichkeit keine Spur. Die meisten Gäste starren mit ernster Miene aufs Handy. Alle wollen die letzten Kriegs-News.

Im Wiener Kaffeehaus starren fast alle aufs Handy. (Bild: Sepp Pail)

Im Wiener Kaffeehaus starren fast alle aufs Handy.

(Bild: Sepp Pail)

Weitere Eindrücke aus Lemberg:

Viele Lokale lassen längst nicht mehr alle rein. „Kein Zutritt für Russen und Weißrussen. Waffen nicht erlaubt. Zahlung nur in ukrainischer Währung!“, ist etwa am Eingang zum „Pravda Beer Theatre“ zu lesen. Schluckspechte sitzen in Lemberg seit Tagen auf dem Trockenen. Aufgrund des Krieges ist der Verkauf von Alkohol in Geschäften und Lokalen verboten. Ab 22 Uhr herrscht Ausgangssperre, legt sich eine gespenstische Stille über das „Florenz des Ostens“.

Burghard Enzinger und Sepp Pail, Kronen Zeitung