Austria
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Österreich, das ungeschicktere Ungarn [premium]

Nicht ernst gemeinte Vetodrohungen wegen Anliegen, die tagespolitisch getrieben sind – so lässt sich keine nachhaltige Europa-Politik machen.

Ein zarter Hauch von Operette umwehte Karl Nehammer vor zwei Wochen, als er vor die Mikrofone trat, um sein Veto gegen den Beitritt Rumäniens und Bulgariens zur Schengenzone zu begründen. Im Libretto des Kanzlers war vom „enormen Druck“ die Rede, der auf Österreich laste, vom Scheitern des europäischen Asylwesens und vom Einsatz der heimischen Bevölkerung für die Flüchtlinge aus der Ukraine, während jenen hunderttausend irregulären Migranten, die laut Nehammer seit Jahresbeginn die Grenzen der Republik passiert hatten, der Part des im Hintergrund bedrohlich brummenden Gefangenenchors zufiel. Angesichts der solcherart dargestellten Tragweite wäre es zu erwarten, dass der Kanzler in dieser Frage hart bleiben und einen EU-Eklat in Kauf nehmen würde. Doch dann hätten wir es mit großer Oper zu tun und nicht mit der eingangs erwähnten Operette. Denn das österreichische Veto wird sich diese Woche aller Voraussicht nach in Wohlgefallen auflösen – und in Wien wird man so tun, als ob nichts gewesen wäre.

An dieser Stelle eine Klarstellung: Der Widerstand lässt sich sachlich kaum rechtfertigen, denn erstens haben Rumänien und Bulgarien (wie auch Kroatien, gegen dessen Beitritt Nehammer keine Einwände hatte) ihre Schengen-Hausaufgaben gemacht, und zweitens haben irreguläre Migranten schon jetzt keine allzu großen Probleme damit, über Ungarn, die Slowakei oder Italien nach Österreich zu gelangen. Eine schlüssige Erklärung, was sich zum Schlechteren ändern sollte, wenn Bukarest und Sofia als Schengen-Mitglieder ihre EU-Außengrenzen weiterhin genauso kontrollieren wie bisher, ist die Regierung in Wien bis dato schuldig geblieben.