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Rundblick - Ärztemangel in der Region Herzogenburg: „Es fehlen Anreize“

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Foto: Syda Productions/shutterstock.com

Praktische Mediziner orten einen Trend zu Ordinationen mit geringer administrativer Belastung und kritisieren dies heftig.

„Ohne genaue Zahlen zu kennen, gehe ich sehr stark davon aus, dass es keinen Ärztemangel im eigentlichen Sinn gibt, sondern ein massives Verteilungsproblem. Kollegen nehmen sich die Rosinen in Form von lukrativen Wahlarztordinationen weitgehend ohne Pflichten und belächeln die Kollegen, die im Sinne der sozialen Verantwortung zu einem Bruchteil des Honorars die Versorgung der Allgemeinheit übernehmen“, sagt der praktische Arzt Bernhard Harb aus Herzogenburg.

„Kassenstellen müssen attraktiv gemacht werden anstatt Wahlärzte unattraktiv zu gestalten.“

Diese provokative Formulierung zeige aber auch gleich die Lösung des Problems auf: „Kassenstellen müssen attraktiv gemacht werden anstatt Wahlärzte unattraktiv zu gestalten, wie jüngst so mancher Entscheidungsträger empfohlen hat. Und dies funktioniert nur mit Wertschätzung, Wiederherstellung der Planungssicherheit – welche einen großen Teil der Motivation für die Annahme einer Kassenstelle für junge Ärzte darstellt – und eine Erhöhung des Honorares, sodass eine normale Arbeitsbelastung zu einem angemessenen, akademischen Gehalt führt“, betont Harb.

Er ist überzeugt: „Das Herausstampfen von Primärversorgungseinheiten aus den wahnwitzigsten Stellenplankonstellationen gibt alles andere als Planungssicherheit. Auch ist nicht verständlich, dass ein Kassenarzt für die selbe Arbeit etwa ein Zehntel des Honorars von gleichwertigen Wahlärzten bekommt, obwohl Kassenärzte im Gegensatz zu Wahlärzten einige Verpflichtungen übernehmen, wie zum Beispiel definierte Öffnungszeiten oder Anbindung an eCard-Services wie das eRezept.“

Harb abschließend: „Fakt ist: Es gibt keinen Ärztemangel, sondern einen Mangel an Anreizen für Ärzte im Kassensystem zu arbeiten – das muss geändert werden!“

Für Harbs Kollegen Hannes Speiser, er ist ebenfalls praktischer Arzt in Herzogenburg, ist der Ärztemangel „hausgemacht“. Und zwar durch die Beschränkung der Studienplätze in Humanmedizin, der Änderung der Studienordnung hin zum Kleingruppenunterricht und zum Weiterführen eines schulähnlichen Systems. Speiser: „Dadurch haben die Kollegen seit den 2010er-Jahren kaum Erfahrung, sofern sie es nicht anderweitig gelernt haben, sich in Ausbildung und Beruf Vieles selbst zu organisieren.“

„Manche Kollegen setzen sich ins gemachte Nest“

Und weiter: „Manche Kollegen setzen sich lieber ins gemachte Nest mit geringerer administrativer Belastung – PVE – als eine eigenständige Ordination, egal ob Allgemeinmedizin oder Facharzt, zu bespielen.“

Weiters sei die Abwanderung in deutlich lukrativere Länder nicht zu vernachlässigen. Speiser weiß: „Ein ehemaliger Studienkollege in Deutschland hat bereits als Assistenzarzt 20 bis 30 Prozent mehr verdient als der durchschnittlich dienstmachende Facharzt im NÖ Krankenhaus.“

Unterm Strich werde die Medizin in Österreich als zu selbstverständlich genommen, um mehr Geld dafür in die Hand zu nehmen als unbedingt nötig, egal ob im stationären oder niedergelassenen Bereich.

„Die fachärztliche Versorgung im Bezirk ist im Großen und Ganzen sehr gut“, stellt der Fachärztevertreter für den Bezirk St. Pölten-Land, Andreas Barnath aus Wölbling, fest.

Ewiges Sorgenkind seien die Kinderärzte gewesen, aber hier gebe es mittlerweile eine echte Kassenfacharztstelle in St. Pölten und das Kinderbetreuungsprojekt im Primärversorgungszentrum St.Pölten.

Die anderen Fächer seien gut vertreten. Probleme gebe es jedoch in der Psychotherapie und Physiotherapie beziehungsweise Ergotherapie.

Barnath: „Aufgrund der Jahreszeit gibt es in allen Disziplinen einen starken Patientenzulauf, die Stimmung unter den Ärzten wäre besser, wenn das Card-System reibungslos funktionieren würde, was es in letzter Zeit leider nicht tut.“

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