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Traumjob-Aus durch Krankheit

Auf zum Traumjob. Folge 41. Schwere Erkrankungen können dem Traumjob ein abruptes Ende bereiten. Die Karriere ist gefühlt ganz plötzlich auf null gestellt und die Betroffenen stehen vor einer enormen Herausforderung.

Burn-out, Depression, Krebs – die Liste der schweren Erkrankungen, die einen von heute auf morgen aus dem Berufsleben reißen können, ist lang. Ungefähr 2% aller Beschäftigten nehmen jährlich einen Langzeitkrankenstand, das sind mehr als sechs Wochen, in Anspruch.

Und viele davon schaffen die Rückkehr in ihren alten Job nicht mehr, weil sie ihre Arbeit in der ursprünglichen Form nicht mehr ausüben können. „Es fühlt sich irgendwie so an, als ob mein erstes Leben mit meiner Erkrankung geendet hat und ich noch einmal von vorne anfangen muss“, sagte ein 34-jähriger ehemaliger Top-Key Account Manager eines internationalen Duftstoffherstellers im Erstgespräch zu mir.

Er war die Karriereleiter im klassischen Sinn nach oben gestiegen und war schon mit 30 Jahren für die größten Accounts in seinem Unternehmen zuständig. Er hat es ungemein genossen. Dann kam das Burn-out und es ging genauso schnell wieder nach unten.

Körperliche Schäden hat er keine davongetragen, jedoch ist seine psychische Belastbarkeit und Konzentrationsfähigkeit nicht mehr in vollem Umfang zurückgekehrt. An eine Rückkehr in seinen alten Job war nicht mehr zu denken. Das geht vielen ähnlich. Aber wie kann es in einer derart schwierigen Lebenssituation weitergehen?

Einen ganzen Lebensabschnitt vergessen

Einen gesamten Lebensabschnitt hinter sich zu lassen, ist ein riesiges Unterfangen. An einem Job hängt ja bekanntlich weit mehr als nur die damit erworbenen Kompetenzen. Viele Entscheidungen wurden dafür getroffen, ein immenser Teil der aktuellen Lebenssituation ist aufgrund des Jobs entstanden und sehr oft spielt sich auch das soziale Leben rund um den Job ab.

Hinzu kommen dann natürlich noch die finanziellen Aspekte. Ohne psychologische Unterstützung ist eine so schwierige Situation nicht zu meistern. Im New/Outplacement ist eine parallele therapeutische Begleitung in diesem Fall immer eine Grundvoraussetzung.

Sie soll unter anderem dabei helfen, die unterschiedlichen aufkommenden Ängste im Zaum zu halten. Wenn das einmal gut gelingt, dann kann behutsam mit der Arbeit an der beruflichen Zukunft begonnen werden. Der erste Schritt kann so aussehen, dass für immer verlorenes von dem getrennt wird, was sich in die nächste Karriere mitnehmen lässt.

Denn in der Regel starten die New/Outplacement Kandidat:innen nicht komplett bei null. Viele der eigenen Werte lassen sich selbstverständlich fortschreiben, auch wenn dies zu Beginn anders wahrgenommen wird. Und ja, natürlich gibt es so einiges, das für immer verloren ist.

Durch das Bewusstmachen entsteht natürlich sehr oft Trauer bei den Betroffenen. Jedoch markiert dies zumeist den Beginn eines Verabschiedungsprozesses. Je nach Kreativität kann dieser unterschiedlich begleitet werden. Manche wollen sich ihre Erinnerungen in Buchform im wahrsten Sinne des Wortes von der Seele schreiben.

 Andere wiederum wollen ihre Erinnerungen zu Grabe tragen und tun dies in Form eines symbolischen Begräbnisses. Und bei wieder anderen muss die Vergangenheit im Feuer brennen. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Alles, was das Vergessen bzw. Verabschieden fördert, ist willkommen.

Das neue Bild entwerfen

Bei Menschen mit derart einschneidenden Lebensereignissen taucht danach verstärkt die Frage nach dem „Warum“ wieder auf. Und so manche/r beantwortet die Frage nach der beruflichen Zukunft mit dem Anlass seiner Beendigung. Dann kann es vorkommen, dass ein ehemaliger Krebspatient in einem Zentrum zur Betreuung von Krebserkrankten landet.

Das ist selbstredend kein Regelfall, wenngleich für Betroffene ihre Erkrankung einen prägenden Einfluss nicht nur auf das weitere Leben, sondern auf die gesamte Persönlichkeit hat. Ebenso wie die Verabschiedung von Kompetenzen ist das Filtern genau jener Kompetenzen, die nur durch den Genesungsprozess hinzugekommen sind, extrem wichtig.

Dadurch gelingt es meinen New/Outplacement-Kandidat:innen einerseits ihre neue Persönlichkeit greifbarer zu machen und andererseits die Erkrankung auch als etwas zu verstehen, wodurch man als Mensch etwas im Leben dazubekommen hat. Das passiert nicht von heute auf morgen und im Falle des Key-Account-Managers hat dieser Prozess mehrere Monate in Anspruch genommen und war von mehreren Rückschritten gekennzeichnet.

Wenn diese Phase beendet ist, dann können im nächsten Schritt die Startbedingungen verhandelt werden. Dabei kann man sich beruhigt auf bereits vorhandene Lebenserfahrungen stützen, also man blickt gemeinsam zurück, was in der Vergangenheit alles zu einem guten Start dazugehört hat.

Es geht darum, sich bewusst zu machen, welche Rahmenbedingungen einen guten Neustart begünstigen würden. Von gesetzlicher Seite gibt es hier Unterstützung, was die Arbeitszeit beim Wiedereinstieg betrifft, weil die meisten Menschen nicht gleich wieder Vollzeit arbeiten gehen können.

Das nennt sich dann Wiedereingliederungsteilzeit und bedeutet, dass die Arbeitszeit nach der Erkrankung erst einmal verringert wird. Das funktioniert natürlich, nur wenn das Dienstverhältnis während der Erkrankung noch aufrecht geblieben ist, was nicht immer der Fall ist.

Zusätzliche Unterstützung für den Wiedereinstieg nach einer Erkrankung bietet die Beratungstelle Fit2Work. Und in der Regel können heute Arbeitgeber:innen mit längeren Auszeiten im Lebenslauf schon viel besser umgehen und es spricht absolut nichts dagegen, das in den kommenden Jobinterviews dann gleich offen anzusprechen.

Gutes Gelingen!

Michael Hanschitz

Michael Hanschitz ist seit nunmehr 15 Jahren als New/Outplacementberater, Autor und Karrierecoach tätig. Er ist Gründer des Beratungsunternehmens Outplacementberatung (www.outplacementberatung.co.at) und Autor des Buches Menschen fair behandeln. Mit seiner Arbeit unterstützt er Menschen und Organisationen in schwierigen Veränderungsprozessen. Beraten mit Herz und Verstand lautet seine Devise.

Michael Hanschitz
Michael Hanschitz (c) Marek Knopp