Austria
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Türkei/Syrien: Opferzahl nach Beben steigt auf über 2000, Österreich schickt 80 Soldaten

Mehrere Erdbeben mit einer Stärke über 7 haben am frühen Montagmorgen bzw. bis in den Vormittag hinein den Südosten der Türkei und den Norden Syriens schwer getroffen. Hunderte Gebäude wurden unbewohnbar.

Nach verheerenden Erdbeben in der Türkei und Syrien in der Nacht auf Montag ist die Zahl der Todesopfer auf etwa 2000 gestiegen. In der Türkei seien 1498 Menschen ums Leben gekommen, teilte der Katastrophenschutzdienst Afad Montagmittag mit. Mehr als 7000 Menschen wurden verletzt. In Syrien stieg die Zahl der Toten auf mehr als 780, in dem Bürgerkriegsland gab es durch das Beben mehr als 2200 Verletzte. Österreich hilft indes mit drei Millionen Euro und 80 Soldaten.

In der Nacht hatte ein Beben der Stärke 7,7 die Türkei und Syrien erschüttert, es folgten etliche Nachbeben - eines davon mit der Stärke 7,6, wie Afad mitteilte. Beide Beben hatten ihr Epizentrum in der Provinz türkischen Kahramanmaras. Die Erschütterungen waren in mehreren regionalen Nachbarländern zu spüren, darunter im Libanon, im Irak sowie in Zypern und Israel.

Bei den Erschütterungen stürzten allein in der Südosttürkei Tausende Gebäude ein. Auf Videos aus mehreren Städten in dem Gebiet waren teilweise völlig zerstörte Straßenzüge zu sehen. Unter den eingestürzten Gebäuden war neben Wohnhäusern auch ein Krankenhaus in der Stadt Iskenderun. In der Stadt Gaziantep wurde laut staatlicher Nachrichtenagentur Anadolu auch die Burg stark beschädigt. Sie ist Unesco-Weltkulturerbe. Im türkischen Fernsehen waren Bilder von Helfern zu sehen, die teilweise mit bloßen Händen in den Trümmern nach Verschütteten suchten. Präsident Recep Tayyip Erdogan sprach vom schwersten Beben seit 1939.

Syrien schwer betroffen

Auch in Syrien stürzten der staatlichen Nachrichtenagentur SANA zufolge in zahlreichen Städten Gebäude ein. Rettungsteams versuchten in der Nacht und im Morgengrauen, Menschen aus den Trümmern zu ziehen. Präsident Bashar al-Assad rief sein Kabinett zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Videos zeigten Trümmerberge unter anderem aus der Provinz Idlib, teils kollabierten ganze Häuserreihen.

Die Temperaturen in den betroffenen Gebieten liegen zurzeit oft im Minusbereich. An manchen Orten schneite es stark. Im türkischen Staatssender TRT war zu sehen, wie Menschen bei Schnee in der Stadt Iskenderun aus Trümmern befreit wurden. Auch aus den Städten Gaziantep, Sanliurfa, Osmaniye, Diyarbakir und Adana wurden Bilder gezeigt, auf denen Menschen teilweise in Decken gehüllt abtransportiert wurden.

Mehrere Flughäfen in besonders von dem Erdbeben betroffen Regionen der Türkei blieben vorerst für zivile Flüge geschlossen. Dabei gehe es um die Flughäfen in Hatay, Kahramanmaras und Gaziantep, sagte Vizepräsident Oktay. Der Sender CNN Türk zeigte Bilder von einem tiefen Riss in einer Landebahn am Flughafen Hatay.

Heftiges Nachbeben am Nachmittag

Um 11.24 Uhr MEZ erschütterte ein schweres Nachbeben der Magnitude 7,5 die Südosttürkei. Das Epizentrum habe in der Provinz Kahramanmaras gelegen, meldete die Erdbebenwarte Kandilli in Istanbul. Auch in Syrien und im Libanon bebte die Erde dadurch wieder. Das Epizentrum lag etwa 100 km nordöstlich von jenem des Hauptbebens, das um 02.17 Uhr mitteleuropäischer Zeit stattfand, teilte der Österreichische Erdbebendienst von Geosphere Austria (ehemals ZAMG) mit. Die betroffene Region um Ekinözü ist weniger dicht besiedelt. Es sei aber mit weiteren schweren Schäden zu rechnen.

Das Zentrum für Katastrophenhilfe der EU koordiniert die Entsendung von Rettungskräften in die Türkei. Nach Angaben eines Sprechers der EU-Kommission in Brüssel wurden bis Montagmittag bereits mehr als zehn Such- und Rettungsteams mobilisiert, um die Ersthelfer zu unterstützen. Sie kommen aus Bulgarien, Kroatien, Frankreich, Griechenland, den Niederlanden, Polen, Rumänien, Ungarn, Malta und Tschechien. Die sei auch bereit, die Betroffenen in Syrien zu unterstützen, aus Syrien gebe es aber bisher keinen Antrag auf Hilfe.

Russland und USA und weitere Länder sagen Hilfe zu

Nach den verheerenden Erbeben in der türkisch-syrischen Grenzregion hat Russland beiden Ländern Hilfe zugesagt. In den kommenden Stunden sollen Rettungskräfte vom russischen Zivilschutz nach Syrien geflogen werden, wie der Kreml am Montag mitteilte. Präsident Wladimir Putin habe bereits mit seinem syrischen Amtskollegen Baschar al-Assad telefoniert. Auch ein Gespräch mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan über konkrete Hilfsleistungen sei geplant, hieß es aus Moskau.

Auch US-Präsident Joe Biden hat Hilfe zugesagt. "Ich bin zutiefst traurig über den Verlust an Menschenleben und die Zerstörung durch das Erdbeben in der Türkei und in Syrien", erklärte Biden am Montag im Kurzbotschaftendienst Twitter. "Ich habe mein Team angewiesen, die Situation in Koordination mit der Türkei weiterhin genau zu beobachten und jede notwendige Hilfe zu leisten." Nach dem nächtlichen Beben ist die Opferzahl auf mehr als 1800 gestiegen. Das Beben der Stärke 7,8 hatte die Menschen im Schlaf überrascht.

Griechenland erklärte sich trotz der schweren Spannungen mit der Türkei bereit, Rettungsmannschaften in das Erdbebengebiet zu schicken. Auch Israel will der Türkei und Syrien humanitäre Hilfe leisten. Offiziell befinden sich Israel und Syrien im Krieg. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg schrieb auf Twitter, die Nato-Partner der Türkei seien bereit, Unterstützung zu mobilisieren.

Österreich stellt drei Millionen Euro zur Verfügung

"Das Ausmaß des Erdbebens ist verheerend. Österreich wird mit drei Mio. Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds für Hilfsorganisationen vor Ort und ab morgen mit mehr als 80 Soldatinnen & Soldaten des Bundesheeres bei Rettungseinsätzen im Erdbebengebiet unterstützen", twitterte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Montagnachmittag. Die Meldungen von dem Erdbeben "machen mich betroffen. Meine Gedanken sind bei den Opfern & Helfer:innen", ergänzte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne).

Das Bundesheer könne ab Dienstag 84 Soldaten des Katastrophenhilfeelements "Austrian Forces Disaster Relief Unit" (AFDRU) in die Türkei entsenden, um den Rette- und Bergeinsatz im Erdbebengebiet zu unterstützen. Der Katastrophenhilfeeinsatz des Bundesheeres ist nach derzeitigen Planungen für etwa zehn Tage anberaumt, bestätigten auch Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP) in einer Aussendung des Bundeskanzleramts die Hilfeleistungen Österreichs.

Nach derzeitigen Kenntnisstand sind keine österreichischen Staatsbürger unter den Opfern, hieß es aus dem Außenministerium in Wien. In der Türkei sind derzeit rund 2000 Auslandsösterreicher, davon rund 120 in den von den Erdbeben betroffenen Regionen, sowie rund 70 österreichische Reisende registriert, wurde erläutert. Da der genaue Aufenthaltsort bei Reiseregistrierungen sowie bei der Registrierung als Auslandsösterreicher nicht verpflichtend anzuführen ist, könnten die Informationen jedoch abweichen. In Syrien sind rund 65 Auslandsösterreicher registriert, davon knapp 50 in den betroffenen Erdbebenregionen. Die registrierten Personen aus Österreich wurden per E-Mail sowie per SMS kontaktiert und ihnen wurde Hilfe der zuständigen österreichischen Vertretungen vor Ort angeboten, berichtete eine Sprecherin des Außenministeriums.

Papst „zutiefst betrübt"

Papst Franziskus drückte wegen des Erdbebens mit zahlreichen Opfern sein Beileid aus. Er sei "zutiefst betrübt über den massiven Verlust von Menschenleben", den das Erdbeben im Südosten der Türkei verursacht hat. Er versicherte allen Betroffenen seine geistliche Nähe", hieß es in einem Telegramm an den apostolischen Nuntius in der Türkei, Marek Solczynski. In einem zweiten Schreiben an den syrischen Nuntius, Kardinal Mario Zenari, äußerte der Papst ähnliche Gefühle für die Opfer des Erdbebens im Nordwesten Syriens.

Die Türkei ist immer wieder von schweren Erdbeben betroffen. Dort grenzen zwei der größten Kontinentalplatten aneinander: die afrikanische und die eurasische. Der größte Teil der türkischen Bevölkerung lebt faktisch in ständiger Erdbebengefahr. Im Jahr 1999 war die Türkei von einer der schwersten Naturkatastrophen in ihrer Geschichte getroffen worden: Ein Beben der Stärke 7,4 in der Region um die nordwestliche Industriestadt Izmit kostete mehr als 17.000 Menschen das Leben. Für die größte türkische Stadt Istanbul erwarten Experten in naher Zukunft ebenfalls ein starkes Beben.

(APA/Reuters/dpa)