Austria
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„Überall anders wäre das Wiederbetätigung“

Schulklassen, die in eine Ausstellung geführt werden und dort über antisemitische Klischees lachen: keine Szene aus Österreichs düsterer Vergangenheit, sondern aus dem Hier und Jetzt - im Jüdischen Museum Wien.

„100 Missverständnisse über und unter Juden“ will Direktorin Barbara Staudinger laut eigenen Angaben mit der Schau beseitigen. Stattdessen führen demonstrativ provokante Exponate nur zu noch mehr Missverständnissen - und blankem Entsetzen bei vielen jüdischen Besuchern.

Provokation als Mittel zum Zweck oder als Selbstzweck? - „Endsieger“-Schriftzug samt gehäutetem Hitler als Bettvorleger und dem Baseballschläger des „Bärenjuden“ aus Quentin Tarantinos Film „Inglourious Basterds“ (Bild: JMW / Ouriel Morgensztern)

Provokation als Mittel zum Zweck oder als Selbstzweck? - „Endsieger“-Schriftzug samt gehäutetem Hitler als Bettvorleger und dem Baseballschläger des „Bärenjuden“ aus Quentin Tarantinos Film „Inglourious Basterds“

(Bild: JMW / Ouriel Morgensztern)

„Es ist eine Schande, was dort passiert“
„Meine Frau hat danach stundenlang geweint“, berichtet ein Besucher gegenüber der „Krone“. Ein anderer resümiert: „Wenn das irgendwo anders gezeigt würde, wäre die Staatsanwaltschaft wegen Wiederbetätigung dort. Es ist eine Schande, was dort passiert.“

Prominente wie Paul Lendvai, Ben Segenreich und Sandra Kreisler haben sich über die Schau bereits entsetzt geäußert, ebenso hat der österreichische Zweig der Humanistischen Vereinigung B‘nai B‘rith den Umbau der Schau gefordert, sodass es zu keinen weiteren Missverständnissen oder verletzten Gefühlen kommt - oder alternativ ihre sofortige Schließung.

Das Thematisieren jüdischer Speisevorschriften mit einem Plüsch-Schweinchen samt Aufschrift „Bei euch bin ich doch sicher! Oder?“ kommt vielen Ausstellungsbesuchern nicht koscher vor. (Bild: JMW / Ouriel Morgensztern)

Das Thematisieren jüdischer Speisevorschriften mit einem Plüsch-Schweinchen samt Aufschrift „Bei euch bin ich doch sicher! Oder?“ kommt vielen Ausstellungsbesuchern nicht koscher vor.

(Bild: JMW / Ouriel Morgensztern)

Empörung wächst
Für Staudinger sind die Appelle lediglich „einige Rückmeldungen“, gemessen an „sehr viel positivem“ Echo. Sie will an der Ausstellung jedenfalls festhalten und drohte bei Kritik, man könne die Ausstellung antisemitisch lesen, ihrerseits auch schon mit Klage. Allerdings verspricht sie, man „arbeite daran“, mehr Erklärungen und Kontext in die Ausstellung einzubauen. Die Ausstellung läuft schon seit Ende November und noch bis zum 4. Juni. Die Empörung wächst unterdessen weiter.

Zuletzt schrieb auch Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, einen unmissverständlichen Brief, in dem er von Staudinger „ausdrücklich mehr Sensibilität“ einfordert sowie eine „dringend erforderliche öffentliche Erklärung“ wegen der „Verletztheit vieler Besucherinnen und Besucher der Ausstellung“.

Es brauche „Konsequenzen“, macht Deutsch in dem Brief klar - wenn nicht von Staudinger, dann vom Aufsichtsrat des Museums, der über die Direktionsstelle entscheidet. Ob Deutsch mit diesen „Konsequenzen“ lediglich ein paar Zusatztäfelchen in der Ausstellung gemeint hat, bleibt abzuwarten.