Austria
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Verkehrsunfall war laut Gericht versuchter Mord

Ein Lächeln huscht der Familie von Ali C. (30) übers Gesicht, als die Justizwache ihn zum Verhandlungssaal 427 im Salzburger Landesgericht führt. Die Stimmung wirkt fast gelöst, obwohl es für den Mann am Mittwoch um alles geht. Seine Zukunft liegt in der Hand der Geschworenen.

Fakt ist:
Ali C. verursachte im März 2019 einen Frontalzusammenstoß mit drei Verletzten auf der B156 im Salzburger Flachgau. Der Mann hatte 1,32 Promille und auch Kokain im Blut, als er mit seinem PS-starken Porsche Cayenne S auf die Gegenfahrbahn geriet. Kurz nach der Tat setzte er sich in die Türkei ab. Erst im heurigen März wurde Ali C. in Georgien verhaftet.

Mordversuch oder grob fahrlässige Körperverletzung?
Die Streitfrage vor Gericht: War es Absicht, also versuchter Mord? Oder, wie die Verteidigung (RA Kurt Jelinek, RA Peter Macheiner) fordert, bloß grobe Fahrlässigkeit? Die Staatsanwaltschaft vertritt die Ansicht, dass der junge Mann in selbstmörderischer Absicht in den Gegenverkehr gefahren ist. Gestützt wird das durch eine Notiz des Arztes im Oberndorfer Krankenhaus, bei dem der Mann nach dem Unfall behandelt wurde.

Verdacht auf „Suizidalität“
Der Mediziner äußerte im Ambulanzbrief den Verdacht auf „Suizidalität“ und ließ den Mann durch eine Amtsärztin untersuchen. Diese schickte ihn mit Rettung und Polizei in die Salzburger Christian-Doppler-Klinik, wo er von einem Psychiater begutachtet und am nächsten Tag entlassen wurde. Der junge Mann selbst dementiert jegliche Suizid-Absichten und spricht von einem Unfall.

Verteidigten den Angeklagten: Rechtsanwalt Kurt Jelinek (r.) mit seinem Kollegen Peter Macheiner (l.) (Bild: Benedict Grabner)

Verteidigten den Angeklagten: Rechtsanwalt Kurt Jelinek (r.) mit seinem Kollegen Peter Macheiner (l.)

(Bild: Benedict Grabner)

Ex-Lebensgefährtin und mutmaßlich Kindsmutter belastet Angeklagten schwer
Wichtigstes Beweismittel dürfte aber die Aussage der ehemaligen Lebensgefährtin des Türken sein. Die 30-Jährige berichtete am Mittwoch vor Gericht von einem heftigen telefonischen Streit zwischen dem Angeklagten und seinen Eltern unmittelbar vor dem Unfall. Sie habe mitgehört, spreche aber kein Türkisch. Deswegen habe ihre Schwiegermutter übersetzt.

„Wenn ein Auto kommt, bringe ich mich um“
„Ich verletze euch immer wieder. Ich will euch das nicht mehr antun. Ich fahre auf die Gegenfahrbahn und wenn ein Auto kommt, bringe ich mich um“, erinnert sich die Österreicherin an das Telefonat. Weiter sagt sie: „Auf einmal gab es diesen lauten Knall und dann sind wir sofort zur Unfallstelle gefahren.“

Kurze Zeit später habe Ali C. einen Anruf von der Polizei erhalten. Noch am selben Tag sei er nach München gefahren und habe sich ein Flugticket nach Izmir gekauft, wo er der Strafverfolgung entkommen wollte. Die junge Frau behauptete zudem, ein Kind mit dem Türken zu haben. Dieses erkennt der junge Mann aber nicht an. Sie habe ihn außerdem in der Türkei besucht, so die junge Frau. Zum Beziehungsende sei es dann gekommen, als ein Bild des jungen Mannes mit mehreren anderen Frauen auftauchte.

„Habe ihm geschrieben, dass ich ihn hasse“
„Das war aber nicht der einzige Grund“, versichert die Frau. Ali C. habe sie geschlagen und bedroht, gibt sie nüchtern zu Protokoll. Als der Verteidiger die Zeugin in die Mangel nimmt und versucht, ihre Glaubwürdigkeit infrage zu stellen, parierte sie: „Ich habe ihm geschrieben, dass ich ihn hasse. Aber ich tat es nicht und tue es auch heute nicht. Ich wünsche ihm von Herzen nichts Schlechtes. Vielleicht will er ja auch einmal die Kleine sehen.“ Während ihrer ganzen Aussage wirkt die Zeugin stets sicher, widerspricht sich nicht und muss sichtlich nicht lange über ihre Antworten nachdenken.

Schuldig des dreifachen versuchten Mordes
„Es tut mir sehr leid. Es war ein Fehler. Aber ich bin kein Mörder“, lauten die Schlussworte von Ali C. Am Ende bringt dem 29-Jährigen aber weder das flammende Plädoyer seines Verteidigers noch sein Bedauern nichts. Die Geschworenen entscheiden einstimmig: Der vermeintliche Verkehrsunfall war dreifacher versuchter Mord. Ali C. muss nun 15 Jahre ins Gefängnis. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Verteidiger Kurt Jelinek meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Der Staatsanwalt erklärte Rechtsmittelverzicht.