Austria
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Wien: Lockdown für die Medikamentenversorgung

Bayrische Apotheken haben schon im Sommer Alarm geschlagen - bei den deutschen Nachbarn werden die Medikamente knapp. Vielerorts rühren daher die Apotheker selbst schon die Salben und Arzneien an.

Doch manche Schmerzmittel, Blutdrucksenker oder Antiepileptika sind bereits Mangelware. In Österreich war das bisher weniger ein Problem.

Ein Sprecher im Sommer: „Hin und wieder war vielleicht mal eine Geschmacksrichtung bei einem Kindermedikament nicht lieferbar. Dann gibt es statt Orangengeschmack nur Erdbeere. Aber bei 15.000 zugelassenen Medikamenten finden wir in der Regel schon einen Ersatz.“ Doch aktuell hat sich die Lage noch mal verschärft.

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Wenn jemand in China dreimal hustet, wird sofort eine gesamte Millionenmetropole hermetisch abgeriegelt.

Ein Branchenkenner

Abhängigkeit von China und Indien ein Problem
Das Problem: Die Abhängigkeit von Billiglohnländern. Ein Experte bringt es auf den Punkt: „Wenn jemand in China dreimal hustet, wird sofort eine gesamte Millionenmetropole hermetisch abgeriegelt.

Wenn in der Provinz eben eine Fabrik steht, die ein beliebtes Medikament oder einen wichtigen Bestandteil herstellt, dann werden Arzneien schnell zur Mangelware.“ Auch bei der Apothekerkammer bestätigt man das. „Aus Kostengründen wird der Großteil der Arzneimittelwirkstoffe zunehmend in China und Indien hergestellt.

Fakten

Exportverbot: Derzeit stehen 252 Medikamente auf der Liste für Parallelexportverbote des „Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen“. Deren Ausfuhr aus Österreich ist damit per Verordnung über die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung untersagt. Unter den Medikamenten befinden sich sehr viele Antibiotika, Psychopharmaka oder Schmerzmittel. Zum Beispiel Amoxicillin, Ibuprofen Infusionslösung, Alprazolam. Alleine im September wurden 52 Medikamente auf die Liste gesetzt.

Notlager: Um zumindest kurzfristig auf Engpässe reagieren zu können, werden Notlager für besonders kritische Arzneimittel angedacht.

Vermehrte Nachfrage: Zu den Lieferschwierigkeiten kommt noch ein weiteres Problem. In den vergangenen zwei Jahren sind viele Krankheiten in den Hintergrund gerückt oder durch die verstärkte soziale Isolation gar nicht erst so stark ausgebrochen - wie zum Beispiel die Grippe. Jetzt erwischt es viele daher mit voller Wucht, die Nachfrage nach entsprechenden Medikamenten steigt.

Aktuelles Beispiel: Welche komische Blüten die Lieferengpässe treiben, zeigt das Beispiel eines berühmten Raucherentwöhnungspräparats. Während es die Kaugummis und Pflaster in allen erdenklichen Stärken zu kaufen gibt, sind die Inhalatoren in Österreich ausverkauft.

Das treibt Europa in eine große Abhängigkeit. Eine Lösung des Problems kann nur auf gesamteuropäischer, politischer Ebene erfolgen. Apotheker unternehmen bei Nichtlieferbarkeit eines Medikaments alles, um zu helfen und die Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten zu jeder Zeit sicherzustellen“, so Raimund Podroschko, Apothekerkammer-Vizepräsident.

Aus Schutzmaskendesaster nichts gelernt
Wie bei den deutschen Nachbarn wird daher der Ruf nach einer europäischen Lösung immer lauter. Der Tenor: „Die Produktion muss wieder in die eigenen Hände genommen werden.“

Ehrlicherweise hätten schon bei den Engpässen bei Sicherheitsausrüstung oder Schutzmasken zu Beginn der Pandemie die Alarmglocken schrillen müssen. Gänzlich untätig ist die Politik jedoch nicht. So müssen Pharmaunternehmen Engpässe bei Medikamenten oder einzelnen Rohstoffen an das „Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen“ melden.

Dann werden Exporte dieser Produkte sofort unterbunden und Waren dürfen auch innerhalb der Europäischen Union nicht mehr aus Österreich ausgeführt werden. Kommen die Bestandteile oder Medikamente aber gar nicht mehr nach Europa, ist das auch schon egal.