Austria
This article was added by the user . TheWorldNews is not responsible for the content of the platform.

Wo bitte ist die väterliche Asche? [premium]

Nachdenken über Herkunft und Besitz: „Vaters Kiste“ von Lukas Bärfuss.

Eine Bananenschachtel aus dem Besitz des Vaters bildet den Erzählanlass für „Vaters Kiste“, einer „Geschichte über das Erben“, so der Untertitel des neuen Buches des vielfach ausgezeichneten Schweizer Autors Lukas Bärfuss, Jahrgang 1971. Jahrzehntelang ist die Schachtel mit Bärfuss von Wohnung zu Wohnung gezogen, nie hat er sie geöffnet, denn die Erinnerung an den Vater ist keine einfache: Immer in gravierenden finanziellen Problemen, verbringt er die Zeit von Bärfuss' Kindheit im Gefängnis, Kontakt zur Familie gibt es keinen, und als der Vater schließlich mit 56 als Obdachloser stirbt, muss der Sohn eine Reihe von Bestattungsunternehmen durchtelefonieren, um herauszufinden, wo er die väterliche Asche abholen darf. Das Erbe des Vaters hat der Sohn damals natürlich ausgeschlagen, es bestand nur aus Schulden, die Kiste aber ist ihm geblieben . . .

Wie in seinem Roman „Koala“, in dem Bärfuss über den Selbstmord seines Halbbruders nachdenkt und davon ausgehend gesellschaftspolitische Standpunkte entwickelt, dient auch in „Vaters Kiste“ Bärfuss' eigene Stammfamilie, das konkrete, persönliche dysfunktionale Verhältnis zwischen Vater und Sohn, dazu, allgemeiner über die Begriffe nachzudenken, die es konstituieren: über Wesen und Bedeutung von Familie, von Herkunft und auch von Privateigentum – jener Begriff, auf dem die neoliberale Gesellschaft so wesentlich basiert.